Für die Zukunft denken: Warum wir jetzt energieeffizient und klimafreundlich bauen sollten

Der Neubau von Immobilien ist nach wie vor eine gute, zukunftssichere Investition für Unternehmen, Genossenschaften oder Projektentwickler. Doch unsere Gesellschaft – und insbesondere die Bauwirtschaft - erlebt derzeit einen rasanten Paradigmenwechsel: Wenn wir heute neue Gebäude erstellen, müssen wir dafür sorgen, dass die Immobilien auch morgen noch die Anforderungen an Energieeffizienz, Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft erfüllen. Ansonsten werden sie zu “Stranded Assets” mit hohem Wertverlust. Wir haben für Sie zusammengefasst, warum nachhaltiges Bauen und Klimaschutz immer wichtiger werden, welche Förderungen und Forderungen im Gebäudesektor bestehen und wie wir unsere Kunden auf dem Weg zu einer wertstabilen Immobilie unterstützen.

Der Auftakt: Das Pariser Abkommen legt die Grundlagen

Mit Eintritt in die Europäische Union ist die nationale Politik der Bundesrepublik Deutschland eng verflochten mit den internationalen Richtlinien der EU - und somit auch Teil des globalen Klimaabkommens. Den Auftakt bildet das „Pariser Abkommen“, welches am 04.11.2016 in Kraft trat und drei Ziele verfolgt: 

  • Die Staaten setzen sich das globale Ziel, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf "deutlich unter" zwei Grad Celsius zu begrenzen mit Anstrengungen für eine Beschränkung auf 1,5 Grad Celsius. 
  • Die Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel soll gestärkt werden und wird neben der Minderung der Treibhausgasemissionen als gleichberechtigtes Ziel etabliert. 
  • Zudem sollen die Finanzmittelflüsse mit den Klimazielen in Einklang gebracht werden.

Die Ziele des Pariser Abkommens wurden in Deutschland in verschiedene nationale Gesetze und Regelungen überführt. In den Gebäudesektor wirken folgende Gesetze maßgeblich ein:  

  • Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG): Das KSG enthält verbindliche jährliche Treibhausgasemissionsminderungsziele für verschiedene Sektoren, einschließlich des Gebäudesektors. Das Gesetz legt fest, dass die Treibhausgasemissionen von Gebäuden bis 2030 im Vergleich zum Basisjahr 1990 erheblich reduziert werden müssen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen sektorale Klimaschutzpläne entwickelt werden, die Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Nutzung erneuerbarer Energien in den Sektoren vorsehen.
  • Gebäudeenergiegesetz (GEG): Das GEG vereinheitlicht und aktualisiert die Vorschriften zur Energieeffizienz von Gebäuden in Deutschland. Es legt energetische Anforderungen an Neubauten und Sanierungen fest und berücksichtigt sowohl den Primärenergiebedarf als auch den CO2-Ausstoß von Gebäuden. Das GEG enthält Bestimmungen zur Gebäudedämmung, zur Effizienz von Heizungs- und Kühlsystemen sowie zur Nutzung erneuerbarer Energien in Gebäuden.
  • Zusätzlich zu dem Bundes-Klimaschutzgesetz besteht die Möglichkeit, dass auch die einzelnen Bundesländer ein Klimaschutzgesetz oder -initiative verabschieden können. In Bezug auf das Klimaschutzgesetz von Baden-Württemberg wird geregelt, dass die Klimaneutralität bereits 2045 erreicht werden soll.

Zusätzlich verabschiedete die Stadt Stuttgart die Initiative „Klima-Fahrplan“, welche die Klimaneutralität bis 2035 verfolgt.

Wie können die politischen Ziele erreicht werden?

Um die Klima-Zielsetzungen zu erreichen, bestehen zwei Möglichkeiten der politischen Lenkung: Die Mechanismen werden im Wesentlichen durch Förderungen und Forderungen bestimmt. Wobei in Abgängigkeit der Entwicklung die Förderungen durch Forderungen abgelöst werden.  

Beispielsweise wurden bis Anfang 2022 die Effizienzgebäude 55 (EH 55) gefördert. Dies bedeutet, dass die Wohn-Neubauten einen verbesserten Primärenergiebedarf um 45% und verbesserten Transmissionswärmeverlust um 30% hinsichtlich des gesetzlichen Standards aufweisen mussten.  

Seit dem 01.01.2023 wurde als gesetzliche Forderung im Gebäudeenergiegesetz verabschiedet, dass Neubauten den Standard des EH 55 für den Primärenergiebedarf einhalten müssen. Folglich wurde das Förderprogramm des EH 55 abgesetzt.  

Wichtig dabei ist es, dass der Fokus nicht allein auf den Primärenergiebedarf gelegt wird, denn Energie ist ein knappes Gut, welches in allen Sektoren wie Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft benötigt wird.  

Beispielsweise wäre bereits ein unsaniertes Gebäude, das mit einer Stromdirektheizung betrieben wird, zum heutigen Stand klimaneutral, denn die Bilanzierung der Treibhausgasemissionen für Gebäude schließt nicht die Erzeugung von Strom und Fernwärme ein. Die Emissionen der erzeugten Wärme durch die Stromdirektheizung wird im Energiewirtschaftssektor erfasst.  

Um einen Weg für die Sektoren zur Klimaneutralität zu finden, wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eine Studie in Auftrag gegeben, welche die Energiewende bis 2045 untersuchen soll. In der T45- Studie werden die Technologien analysiert und bewertet, die bis 2045 die Klimaneutralität erreichen können. 

Die Projekte werden von einem Forschungskonsortium, bestehend aus dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), der Consentec GmbH, dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu) unter Beteiligung der Unterauftragnehmer M-Five, der Technischen Universität Wien, der TEP Energy GmbH und der GEF Ingenieur AG durchgeführt.  

Für den Gebäudesektor wurde ermittelt, dass ein wesentlicher Anteil der Energie durch Umweltenergie (Luft, Erdwärme, Wasserwärme) erzeugt werden muss, damit die Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden kann. Die Umweltenergie wird mit Hilfe von Wärmepumpen gewonnen und dient primär der Erzeugung von Wärmeenergie. Ein weiterer Baustein ist der Ausbau von Wärmenetzen. In Summe ergab sich, dass im Gebäudesektor die Umstellung auf Strom (T45-Strom) mit 464 TWh am effizientesten ist. Die Umstellung auf Wasserstoff (T45-H2) würde 99.000.000.000 kWh mehr Energie benötigen. Des Weiteren ist es wichtig, dass der Energiebedarf der Gebäude wesentlich reduziert wird.

Was wird gefordert und gefördert?

Die erste gesetzliche Forderung hinsichtlich des Energiebedarfs von Gebäuden wurde durch die Wärmeschutzverordnung im Jahr 1977 veranlasst. Die WSVO hatte das Ziel, den Energieverbrauch von Gebäuden zu reduzieren. Damals lag der Fokus vor allem darauf, den Energiebedarf durch eine Dämmung der thermischen Gebäudehülle zu reduzieren. Mit der Entwicklung des Baurechts und des in Krafttretens der Energieeinsparverordnung 2002 wurde zur Verringerung des Energiebedarfs auch zusätzliche Anstrengungen unternommen, die Energieerzeugung effizienter zu gestalten. Dabei wurde erstmalig die Nutzung erneuerbarer Energien im nationalen Gesetzeskontext verortet. Mit dem Inkrafttreten des GEG im Jahr 2020 wurden diese Anforderungen weiterentwickelt. Das GEG vereint die ehemaligen Energieeinsparverordnung (EnEV), das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) und das Energieeinspargesetz (EnEG) in einem Gesetz. Es legt energetische Anforderungen an Neubauten, Bestandsgebäude und Heizungsanlagen fest. Das GEG definiert sowohl Mindestanforderungen für den Wärmeschutz als auch den Einsatz erneuerbarer Energien für den Betrieb von Heizungsanlagen. Die Anforderungen sind differenziert und richten sich nach verschiedenen Gebäudetypen und Nutzungszwecken. Nach in Kraft treten 2020 wurde es bereits zum 01.01.2023 angepasst. Im Wesentlichen wurde der Primärenergiebedarf für Gebäude um 20% reduziert. Laut Koalitionsvertrag soll bereits zum 01.01.2025 neu eingebaute Heizungen mit einem Anteil erneuerbarer Energien von ≥65% betrieben werden. Des Weiteren soll nach Koalitionsvertrag das Effizienzhaus 40, mit einem Primärenergiebedarf von 0,4*Referenzgebäude und einem Transmissionswärmeverlust von 0,55*Referenzgebäude gesetzlicher Standard werden.  

Seit dem 01.03.2023 ist das Förderprogramm Klimafreundlicher Neubau (KfN) in Kraft getreten und löst die Bundesförderung für Effiziente Gebäude (BEG) für Neubauvorhaben, Wohngebäude und Nicht-Wohngebäude ab. Das Förderprogramm wechselte zudem aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in das Ministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. 

Für Neubauvorhaben werden zukünftig zwei Varianten gefördert. Bei beiden Varianten ist das EH 40, dessen bereits bekannten Anforderungen an den Transmissionswärmeverlust und Primärenergiebedarf eingehalten werden müssen, die Grundlage, um förderfähig zu sein. Bei der Variante 1muss zusätzlich zu der Energiebilanz nach GEG eine Gebäudeökobilanz erstellt werden. Die Gebäudeökobilanz beschreibt das Global Warming Potential (GWP) und den Primärenergiebedarf aus nicht erneuerbaren Energien anhand des gesamten Lebenszyklus. Um ein Upgrade auf die Variante 2 zu erlangen, muss das Gebäude nachhaltigkeitszertifiziert werden. Dabei müssen die Anforderungen anhand des Qualitätssiegel für nachhaltige Gebäude (QNG) nachgewiesen werden. Im Wesentlichen sind die Kriterien der Gebäude-Ökobilanz, der nachhaltigen Materialgewinnung, Schadstoffvermeidung, Barrierefreiheit und der Naturgefahren am Standort nachzuweisen. Anders als bei der bisherigen Fördermethode, dessen Augenmerk auf die Transmissionsverluste und den Primärenergiebedarf gelegt wurde, nimmt die Methodik des klimafreundlichen Neubaus erheblich Einfluss auf die konstruktive Baustruktur sowie allen Ausbaugewerken.

Lesen Sie hierzu auch den vertiefenden Artikel zum Thema Gebäudeökobilanz. 

Diese Herausforderung hat die Gottlob-Rommel-Gruppe bereits erkannt und unterstützt ihre Kunden auch kompetent in der Nachhaltigkeitsberatung: Wir führen Gebäudeökobilanzierungen in Eigenleistung aus. Des Weiteren werden Anforderungen an die Materialgewinnung und Schadstoffvermeidung in der Ausschreibung in allen relevanten Positionen quantitativ aufgeführt und in der Vergabe berücksichtigt. Die Dokumentation der verwendeten Materialien für die Nachweiserbringung ist im Lean-Prozess der Bauausführung implementiert, sodass dies möglichst effizient erfolgen kann. 

 

Bei den Fördersummen wird zusätzlich zwischen natürlichen Personen und kommunalen Gebietskörperschaften unterschieden. Während bei den natürlichen Personen der Tilgungszuschuss weggefallen ist, wird dieser für kommunale Körperschaften gewährt. In allen Fällen wird jedoch ein Kredit (bei Wohngebäuden pro Wohneinheit und bei Nicht-Wohngebäuden pro Quadratmeter) gewährt. Die Höhe des Kredites wird Anhand der Variante 1 und 2 gestaffelt.  

Betrachtet man die aktuelle Zinsentwicklung ist das Förderprogramm Klimafreundlicher Neubau durchaus interessant. Da derzeit der aktuelle Leitzins der EZB 3,75% beträgt, kann der Klimafreundlich Neubau in Höhe des Förderkredites mit einem effektiven Jahreszinssatz von aktuell bis zu 0,52% für Wohngebäude und Nicht-Wohngebäude von 1,48% finanziert werden.  

Beispiel: Bei einem Wohngebäude mit 20 Wohneinheiten könnte ein Kredit in Höhe von 3.000.000,00 € als Förderkredit bei der KFW Bank für ein EH 40 QNG abgerufen werden.   

Unser Fazit

Beim Blick auf das Bauprojekt im Kontext der nationalen Klimaschutzziele wird anhand der CRREM Analyse ersichtlich, dass das Bauprojekt nach dem jetzigen GEG Standard die Anforderungen der Klimaschutzziele in 20 Jahren nicht erfüllen wird. Es handelt sich dann um eine Anlage, die an Wert verlieren wird (Stranded Asset).  

Die CRREM-Analyse für Gebäude bezieht sich dabei auf die Bewertung der CO2-Intensität von Immobilieninvestitionen. Das Akronym "CRREM" steht für "Carbon Risk Real Estate Monitor" und bezeichnet eine Methode zur Messung und Bewertung des Kohlenstoffrisikos im Immobiliensektor. Die Analyse zielt darauf ab, die CO2-Emissionen und den Energieverbrauch von Gebäuden zu bewerten und zu vergleichen, um mögliche Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu identifizieren. 

Würde dasselbe Bauprojekt als EH 40 QNG Standard ausgeführt, zeigt die CRREM-Analyse, dass die Immobilie auch nach 2045 noch keine Stranded Asset ist. Folglich ist der Werterhalt der Immobilie deutlich stabiler.  

Bei der Investition in Bauprojekte wird es zukünftig immer wichtiger werden, dass die Immobilie konform der Klimaschutzziele des Bundes geplant und gebaut wird. 

 

In der nächsten Ausgabe unseres Serviceletters lesen Sie, welche Forderungen und Förderung für die Sanierung von Gebäuden bestehen. 

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