Nachhaltigkeits-Berichterstattung im Mittelstand: die CSRD-Richtlinie im Check

Fachwissen aus der Gottlob-Rommel-Gruppe

Die Pflicht zur nichtfinanziellen Berichterstattung, die sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), steht vor der Tür. Speziell für unsere Kunden hat Justus Sieling, Projektleiter Umweltmanagement bei der Gottlob-Rommel-Gruppe, den Stand der Dinge zusammengefasst.    

Ja, sie ist in aller Munde, die Nachhaltigkeitsberichtspflicht, kurz CSRD genannt. Schätzungen zufolge sind rund 15.000 Unternehmen in Deutschland von der CSRD betroffen. Viele davon werden erstmalig mit einer Umwelt-, CSR- oder Nachhaltigkeitsberichterstattung konfrontiert sein. Entsprechend groß ist die Unsicherheit in den Unternehmen: Wie hängt das alles zusammen? Was kommt auf uns zu? Wann müssen wir loslegen? Wie aufwendig wird die Umsetzung? Und, was bringt das alles überhaupt?  

Gerne möchten wir mit diesem Artikel etwas Licht ins Dunkel bringen und dabei einen Fokus sowohl auf den Mittelstand als auch den Bau- und Immobiliensektor und damit auch auf unsere Kunden legen. 

Fangen wir vorne an: 

 

Wie hängt das alles zusammen?

Über allem steht die UN-Agenda 2030, durch die unter anderem die EU ihren Willen bekräftigt hat, den Wirtschaftsraum hin zu einer nachhaltigen Marktwirtschaft zu entwickeln. Dem ESG- (Environment, Social, Governance) Ansatz folgend, soll der EU-Wirtschaftsraum künftig klimaneutral, sozialverträglich und transparent wirtschaften. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden eine Reihe verschiedener Aktionspläne und Gesetzesinitiativen ins Leben gerufen. Diese lassen sich in der Regel sehr gut einteilen in drei ESG-Sektoren. Die EU-Taxonomie ist ein Werkzeug, um Kapitalströme in ökologische Wirtschaftstätigkeiten zu lenken und dem Environment- (Umwelt)- Sektor“ zuzuordnen.  

Die CSRD hingegen ist eine übergreifende Berichtspflicht, welche die Aktivitäten der Unternehmen in allen drei ESG-Bereichen darstellen soll. Die CSRD bildet ein transparentes, nach verbindlichen Kriterien normiertes Dach über die ESG-Performance. 

 

Welche Unternehmen sind berichtspflichtig?

Zunächst einmal gilt es festzustellen, ob man überhaupt nach CSRD berichtspflichtig ist. Berichtspflichtig sind: 

(a) Alle im bilanzrechtlichen Sinne großen Unternehmen. Als groß gelten Unternehmen, die am Bilanzstichtag mindestens zwei der drei folgenden Merkmale erfüllen: 

  1. Bilanzsumme: Mind. 20 Mio. € 
  2. Nettoumsatzerlöse: mind. 40 Mio. € 
  3. Durchschnittliche der im Geschäftsjahr Beschäftigten: mind. 250 

(b) Alle im bilanzrechtlichen Sinne kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die kapitalmarktorientiert sind 

Von der CSRD ausgenommen sind Kleinstunternehmen. Als Kleinstunternehmen gelten Unternehmen, die am Bilanzstichtag mindestens zwei der drei folgenden Merkmale erfüllen: 

  1. Bilanzsumme: Max. 350.000 € 
  2. Nettoumsatzerlöse: Max. 700.000 € 
  3. Durchschnittliche der im Geschäftsjahr Beschäftigten: Max. 10 

Was kommt auf uns zu?

Wie bereits erwähnt, werden in Deutschland allein rund 15.000 Unternehmen künftig nach der CSRD-Richtlinie berichten müssen. Folglich werden sich auch weite Teile des deutschen Mittelstands verpflichtet sehen, künftig nach der CSRD-Richtlinie zu berichten. Dabei werden sich alle Unternehmen an einem einheitlichen Berichtsstandard orientieren müssen, dem European Sustainability Reporting Standard – kurz ESRS. Der Aufbau des ESRS ist recht simpel und dürfte dem aufmerksamen Leser (vgl. ESG-Struktur) bekannt vorkommen: Insgesamt gibt es zwölf Abschnitte, von denen zwei Abschnitte themenübergreifend sind, während die restlichen zehn themenspezifisch den drei ESG-Sektoren zugeordnet werden (vgl. Grafik 2). Zudem wird es sektorspezifische Standards geben, die allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht definiert sind (erwartet Mitte 2024).  

Die Inhalte des European Sustainability Reporting Standards (ESRS)

Beginnen wir mit den themenübergreifenden Standards ESRS 1 und ESRS 2: In der ESRS 1 werden die Architektur und Struktur der ESRS näher erläutert, also welche Inhalte in den folgenden Abschnitten gefordert sind, um nach ESRS zu berichten. Die ESRS 1 ist quasi als eine Spielanleitung zu verstehen, wohingegen man aus Unternehmenssicht mit der ESRS 2 und den weiteren ESRS-Abschnitten bereits in die Berichterstattung einsteigt.  

Zentraler Ausgangspunkt der ESRS 1 ist die sogenannte Wesentlichkeitsanalyse nach der Maßgabe der „doppelten Materialität“. Diese muss in ESRS 1 beschrieben werden, denn darauf baut sich in ESRS 2 die individuelle Berichtserstattung des Unternehmens auf. Für die Wesentlichkeitsanalyse muss sich das Unternehmen klar werden, wer seine wichtigsten Stakeholder sind und inwiefern diese von der Geschäftstätigkeit des Unternehmens beeinflusst werden und umgekehrt. Unter Berücksichtigung der Anliegen seiner wichtigsten Stakeholder (Anspruchsgruppen) muss sich das Unternehmen die Fragen stellen, 

  • ob im Kontext der eigenen Geschäftstätigkeit gewisse Nachhaltigkeitsthemen (Liste der EU vorhanden, vgl. Grafik 3) wesentliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben („Impact Materiality“) - und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette, sowie  
  • ob sich aus finanzieller Sicht Chancen und/oder Risiken für das Unternehmen ergeben („Financial Materiality“).  

Man bezeichnet die „Impact Materiality“ auch als Inside-Out. Das bedeutet, das Unternehmen schaut von der eigenen Geschäftstätigkeit ausgehend auf die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Im Unterschied dazu wird die „Financial Materiality“ auch als Outside-In bezeichnet. Das bedeutet, das Unternehmen betrachtet die Auswirkungen der Nachhaltigkeitsthemen auf das Unternehmen selbst. Diese doppelte Perspektive bildet die sogenannte „doppelte Materialität“ (Double Materiality) ab.  

Gemäß der ESRS gilt ein Nachhaltigkeitsthema als wesentlich, wenn es entweder aus Sicht der „Impact Materiality“ und/oder aus Sicht der „Financial Materiality“ wesentlich ist. Die identifizierten wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen entscheiden darüber, welche Abschnitte des ESRS im Detail und welche nur oberflächlich berichtet werden müssen. Das liegt daran, dass die Nachhaltigkeitsthemen, welche die EU vorgibt, einzelnen Abschnitten der ESRS zugeordnet sind (vgl. Grafik 3).  

Machen wir ein Beispiel: Die Bau- und Immobilienbranche ist sehr energie- und ressourcenintensiv, ca. 40% der globalen Treibhausgasemissionen sind auf den Gebäudesektor zurückzuführen. Man würde sich also im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse eines Unternehmens der Bau- und Immobilienbrache darauf einigen können, dass das Nachhaltigkeitsthema „Climate Change Mitigation“ (dt: Milderung des Klimawandels) für ein Unternehmen aus der Bau- und Immobilienbranche in der „Impact Materiality“ (Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Mensch und Umwelt) auf Grund der Emissionsintensität des Gebäudesektors als wesentlich zu erachten ist. Vermutlich werden die Maßnahmen zur Milderung des Klimawandels den Unternehmen in der Bau- und Immobilienbranche Geld kosten. Dementsprechend ist auch von einer Wesentlichkeit aus Sicht der „Financial Materiality“ auszugehen. Folglich muss das Unternehmen gemäß ESRS E1 berichten, da dieses Thema diesem ESRS-Abschnitt zugeordnet ist (vgl. Grafik 3).  

Um die gewünschte Wirksamkeit zu erzielen, fordert die ESRS 2 neben der Wesentlichkeitsanalyse eine Berichterstattung zu übergreifenden Strategien, Maßnahmen und Zielen von den Unternehmern, die eine Verbesserung in den identifizierten wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen gewährleisten. Zudem wird eine Vielzahl an allgemeinen Angaben zum Unternehmen, zu Prozessen und Organisationsstrukturen abgefragt. 

Machen wir jetzt den Sprung in die themenspezifischen ESRS-Abschnitte. Die Abschnitte sind in 4 Teilbereiche aufgeteilt. Der erste Teilbereich nennt sich Objective und beschreibt in erster Linie das Ziel dieses ESRS-Abschnitts und die Anforderungen an das berichtende Unternehmen. Im zweiten Teilbereich, Interaction with other ESRS, werden mögliche inhaltliche Zusammenhänge zwischen den einzelnen ESRS-Abschnitten dargelegt. Der dritte Teilbereich Disclosure Requirements geht nun ins Detail. Hier gilt es, die Strategie offenzulegen, wie in diesem spezifischen Bereich (z.B. ESRS E1 - Klimawandel) eine Verbesserung erzielt werden soll, inwiefern die Strategie auf die identifizierten wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen einzahlt, die dieser ESRS zugeordnet sind (vgl. Grafik), welche Ziele das Unternehmen gesetzt hat, welche KPIs zu berichten sind etc. Die geforderten Angaben unterscheiden sich von ESRS-Abschnitt zu ESRS-Abschnitt. Zu guter Letzt gibt es noch einen oder mehrere Appendizes, die unterstützende Informationen bereithalten.  

Insgesamt sind über rund 600 Datenpunkte zu berichten, wobei Datenpunkte in dem Kontext nicht gleichzustellen sind mit KPIs (von denen finden sich etwas über 100), sondern mit vom Unternehmen zu leistenden Angaben jeglicher Art.  

Der fertiggestellte Nachhaltigkeitsbericht wird schließlich in den Lagebericht integriert und muss sich anschließend der Wirtschaftsprüfung unterziehen.  

Wann müssen wir loslegen?

Das kommt drauf an… 

… und zwar in erster Linie darauf, ob Ihr Unternehmen zum Beispiel auf Grund einer Kapitalmarktorientierung oder der Art des Unternehmens (z.B. Finanzinstitute) bereits der sogenannten NFRD unterliegt, also der Pflicht, eine nicht-finanzielle Erklärung abzugeben. Ist das der Fall, so wird die CSRD zum Geschäftsjahr 2024 (Berichtsjahr 2025) wirksam. Trifft das für Ihr Unternehmen nicht zu und ihr Unternehmen ist ein bilanzrechtlich großes Unternehmen, so wird die CSRD zum Geschäftsjahr 2025 (Berichtsjahr 2026) wirksam. Kapitalmarktorientierte KMU sind ab dem Geschäftsjahr 2026 (Berichtsjahr 2027) berichtspflichtig, können aber einen Aufschub bis zum Geschäftsjahr 2028 beantragen.  

Wie aufwendig wird die Umsetzung?

An dieser Stelle sollte man sich nichts vormachen, es wird aufwendig! Allein die Erfassung der KPIs dürfte viele Unternehmen vor Herausforderungen stellen. Das gilt insbesondere für die Baubranche mit vielen verschiedenen und stetig wechselnden Produktionsstätten. Wie stellt man beispielsweise sicher, wie sich die Stromverbräuche auf den Dutzenden von Baustellen – bei ständig wechselnden Lokalitäten und Stromanschlüssen – konsequent und zuverlässig messen lassen? Um nur ein Beispiel zu machen.  

Es müssen also Strukturen geschaffen, Strategien entwickelt, Daten erhoben und Prozesse aufgesetzt werden, um den Anforderungen aus der CSRD gerecht zu werden. Zudem ist eine stetige Verbesserung der Nachhaltigkeitsleistung erwünscht, auch hierfür braucht man Ressourcen. Sicherlich ist das, insbesondere für den Mittelstand, eine enorme Herausforderung. Der große Vorteil ist jedoch, dass die CSRD für alle Neuland ist. Es gibt viele Informationsveranstaltungen, Workshops, Unterstützungsangebote und die Möglichkeit zum Austausch untereinander, für den auch wir als Gottlob-Rommel-Gruppe gerne zur Verfügung stehen. 

Wichtig ist vor allem zu verstehen, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung künftig auf einer Stufe mit der finanziellen Berichterstattung stehen wird. Beide Berichte werden als gleichwertige Teile den Lagebericht des Unternehmens bilden. Die Nachhaltigkeitsberichte müssen dementsprechend auch von der Wirtschaftsprüfung testiert werden. Das heißt, es geht hier nicht um einen Bericht à la „tue Gutes und rede darüber“, sondern um ein ernstzunehmendes Werkzeug der Unternehmensführung, das Strategie und Handeln der Unternehmen maßgeblich beeinflussen wird. Daher sei jedem geraten, die CSRD ernst zu nehmen und konsequent anzuwenden. Speziell für Unternehmen, die stark von Fremdkapital abhängig sind oder neue Geschäftsbereiche erschließen und finanzieren möchten, dürfte die CSRD elementar sein. Denn für die meisten Kapitalgeber ist inzwischen die ESG-Performance eines Unternehmens ein essenzieller Indikator für ihr finanzielles Engagement sowie die Kreditkonditionen (Stichwort: EU-Taxonomie). 

Auf Rommel bauen

Seit jeher stellen wir den Kunden und dessen Bedürfnisse in den Mittelpunkt unserer Tätigkeiten. Uns ist wichtig, dass Sie sich nicht nur bei der Bauausführung auf uns verlassen können, sondern wir Ihnen auch bereits in der ESG-Planung Ihres Bauvorhabens beratend zur Seite stehen können. Wir haben die notwendige Expertise und unterstützen Sie an dieser Stelle gerne bei Ihrem Bauvorhaben, sowohl was die Planung und Realisierung Taxonomie-konformer Bauvorhaben angeht als auch bei der Umsetzung der CSRD-Richtlinie! 

Und, was bringt das alles überhaupt?

Klar, in erster Linie klingt das erstmal nach einem weiteren Bürokratie-Hammer. Und, so ehrlich muss man sein, das ist es auch. Nichtsdestotrotz ist der Vorstoß wichtig und richtig. Von der offensichtlichen Dringlichkeit der Thematik und der besorgniserregenden Klimakrise abgesehen, bietet die CSRD vielfältige Chancen für Unternehmen, besonders im vergleichsweise eher innovationsschwachen Baubereich.  

Unabhängig von der Branche wird der notwendige Aufbau einer validen ESG-Datenbasis durch die CSRD vorausgesetzt und kann wertvolle Aufschlüsse geben, die Effizienz von Prozessen zu verbessern, Verschwendung zu vermeiden, Inklusion und Diversität stärker zu fördern, transparenter und fairer zu arbeiten sowie Produkte und Dienstleistungen an die aktuellen Herausforderungen anzupassen.  

Für die Gottlob-Rommel-Gruppe wird die CSRD beispielsweise wichtigen Input liefern: Wie viele Tonnen Stahl und Beton verbauen wir eigentlich im Jahr und wie können wir unseren Kunden bereits in der Planung helfen, nachhaltig zu bauen? Wie viele Frauen haben wir in Führungspositionen und wie können Frauen in der Baubranche besser gefördert werden? Wie viel Energie verbrauchen unsere Baustellen und wie können wir den Verbrauch reduzieren? Wie viele Liter Sprit fließen jedes Jahr in unsere Fahrzeuge und wie können wir Mobilität anders denken? Das sind alles Fragen, die durch eine CSRD-Berichterstattung aufgeworfen werden und auf die wir bei Gottlob Rommel Antworten suchen und haben. 

Sicherlich, es wird einige Unternehmen geben, die sich diese Art Fragen heute schon stellen und gerade diesen Unternehmen wird die CSRD helfen. Durch die einheitliche Struktur und die notwendige Datenbasis werden Entscheidungsträger künftig noch bessere Daten zur Verfügung haben und zusätzliche Argumente vorbringen können, warum die nachhaltige Transformation der Unternehmen richtig ist. Die CSRD kann somit strategisch wichtige Impulse geben, um Unternehmen nachhaltig zukunftsfähig zu machen. Wir sollten es als Chance betrachten! 

Gerne können Sie uns für weitere Informationen kontaktieren:

Innovation & Entwicklung

Justus Sieling

Projektleiter Umweltmanagement

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